Patientenschulung zum Gerinnungs-Selbstmanagement mit CoaguChek® INRange

Neue Medikamente zur Schlaganfallvorbeugung ohne Gerinnungskontrolle

 

Viele Menschen brauchen ein Medikament zum Schutz vor einer Blutgerinnselbildung und  eines evtl. drohenden Schlaganfalles (insbesondere beim Vorhofflimmern). Seit vielen Jahren werden hierfür in Deutschland sogenannte Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine z.B. Marcumar®, Coumadin® u.a.) verwendet. Die Wirkung dieser Substanzen muss aber anhand des sogenannten INR-Wertes (früher Quick-Wertes) regelmäßig kontrolliert werden, um zu überprüfen, ob der richtige Bereich eingehalten wird. Das erfordert regelmäßige Blutabnahmen. Die Abstände zwischen den Messungen werden oft sowohl von Seiten der Patienten als auch der Ärzte hinausgezögert, was sich in einer schlechten Einstellung und damit einem erhöhten Schlaganfallrisiko niederschlägt. Daher ist seit vielen Jahren nach Alternativen gesucht worden. ?

Drei große internationale Studien überprüften nun bei Patienten mit Vorhofflimmern, ob diese mit neu entwickelten Medikamenten (ohne regelmäßige Blutabnahme) gegenüber den Cumarinen einen vergleichbaren Schutz vor Schlaganfall ohne erhöhte Blutungsraten haben.?

 

1.Untersuchung: Rely Studie  - Insgesamt wurden bei über 18000 Patienten zwei verschiedene Dosierungen von Dabigatran (Pradaxa®) gegen Cumarin untersucht. ?Dabigatran zeigte in beiden verwendeten Dosierungen signifikant weniger Schlaganfälle im Vergleich mit Cumarin  mit ähnlichen bzw. (bei der niedrigeren Dosis) sogar verminderten Blutungsrisiken. Die Vergleichsgruppe mit Cumarin war mit 64% der gemessenen Gerinnungswerte im Zielbereich nur mäßig gut eingestellt.

2. Untersuchung: Rocket AF Studie - Insgesamt wurde bei über 14000 Patienten Rivaroxaban (Xarelto®) gegen Cumarin untersucht.?Rivaroxaban war gleichwertig mit Cumarin in der Behandlung zur Vorbeugung von Schlaganfällen. Schwere Blutungen traten gleich häufig auf. In der mit Rivaroxaban behandelten Gruppe traten jedoch weniger tödliche Blutungen und weniger Gehirnblutungen auf. Die Vergleichsgruppe mit Cumarin war mit 55% der gemessenen Gerinnungswerte  im Zielbereich schlecht eingestellt.

3. Untersuchung: Aristotle Studie - Insgesamt wurde bei über 18000 Patienten Apixaban (Eliquis®) gegen Cumarin untersucht.?Apixaxaban zeigte sich der Behandlung mit Cumarin überlegen, es gab rund 20% weniger Schlaganfälle bei um rund 30% reduzierten Blutungen. Nur bei diesem Medikament verringerte sich die Sterberate um rund 10%. Die Vergleichsgruppe mit Cumarin war mit 62 % der gemessenen Gerinnungswerte  im Zielbereich nur mäßig eingestellt.

4. Untersuchung: Engage AF Studie - Insgesamt wurde bei über 21 000 Patienten Edoxaban (Lixiana®) gegen Cumarin untersucht.? Bei Vorhofflimmern verhindert Edoxaban Schlaganfalle und Embolien mindestens genauso sowie Warfarin.

  • Die Rate schwerer Blutungen unter Edoxaban ist um 0,68% pro Jahr geringer als unter Warfarin.
  • Schlaganfälle mit Hirnblutungen sind unter Edoxaban um 0,21%, Hirnblutungen um 0,46% seltener.
  • Schwere Magen-Darm-Blutungen nehmen dagegen unter Edoxaban um 0,28% zu.
  • Die Vergleichsgruppe mit Cumarin war mit 68 % der gemessenen Gerinnungswerte  im Zielbereich eingestellt.

Die drei Studien legen eine Ãœberlegenheit der neuen Medikamente nahe. Problematisch ist allerdings  die schlechte Einstellung der Vergleichsgruppen unter Cumarin bis auf die Studie mit Edoxaban.

  • ?In Deutschland sind jedoch 68% der Patienten gut auf Cumarin eingestellt, in Schweden sogar rund 80%.
  • Patienten, die in Kursen zum Gerinnungs-Selbstmanagement gelernt haben, ihren INR-Wert selbst zu bestimmen und einzustellen, gelingt es meist, den INR Wert in über 80% der Messungen im richtigen Bereich zu halten.
  • ?In der Rely-Studie mit Dabgatran gibt es aber auch Daten zu  Patienten, die gut eingestellt sind (68% und besser). Diese schneiden  in allen wesentlichen Belangen (z.B. Summe des Auftretens von Schlaganfall, Embolie, Tod und schwerer Blutung) besser ab als die mit den neuen Medikamenten behandelten Patienten.

Patienten, die gut mit Cumarin eingestellt sind profitieren also nicht von einer Umstellung auf die neuen Medikamente. Zudem ist die Therapie erheblich teurer (7-10 mal !) gegenüber der Cumarintherapie mit Gerinnungs-Selbstmanagement oder mit der traditionellen Messung beim Hausarzt.

Bisher gab es kein Gegenmittel für die neuen Gerinnungshemmer beim Auftreten von schweren Blutungen. Im November 2015 wurde nun ein Antikörper (Idarucizumab = Praxbind®) zur raschen Aufhebung der durch Dabigatran bedingten Gerinnungshemmung bei schweren Blutungen zugelassen.
Praxbind® ist seit Januar 2016 verfügbar sein und kostet ca. 2500 €.
Für Coumarine wie Phenprocoumon (Marcumar® u.a.) gibt es seit langem ein  zuverlässiges Gegenmittel.